Ehrenmitglied im Portrait: Prof. Dietbert Hahn
Prof. Dietbert Hahn Sein Berufsleben hat Prof. Dietbert Hahn der Radiologie gewidmet. Aber seit er in Pension ist, erlaubt es die Zeit nun endlich einmal, das eigene Leben zu betrachten: ein Radiologenleben, das fast keins geworden wäre.
von Anne-Katrin Hennig, 28.04.2014
Mediziner oder Pfarrer wollte er werden. Warum? „Ich wollte einen Beruf ergreifen“, sagt er, „in dem ich anderen Menschen helfen kann“. Er entscheidet sich letztendlich für die Familientradition: Schon sein Vater war Arzt, wie viele im Familien- und Freundeskreis. Dass er sich dann die Radiologie aussucht, ist eher Zufall. „Am Ende des Studiums wollte ich eigentlich Chirurg werden, da man in diesem Fach Patienten akut heilen kann. An Radiologie habe ich primär nicht gedacht. Es war damals im Studium noch nicht einmal ein Pflichtfach“. Dann aber prägt ihn die Begegnung mit Josef Lissner, damals Professor an der Universität Frankfurt, später Direktor der Radiologischen Klinik und Poliklinik der Universität München, „der sich in der radiologischen Hauptvorlesung intensiv um uns Studenten gekümmert hat. Wir waren aber auch nur vier Studenten in der Vorlesung und der Unterricht fand im Zimmer des Chefs oder an Röntgen- und Bestrahlungsgeräten statt“. Ein Professor muss also auch ein guter Pädagoge sein. Lissner nimmt Hahn später in München unter seine Fittiche und führt ihn an das Durchblicker-Fach heran.
Er beginnt die Radiologie für sich zu erkunden, nachdem er 1972 das Medizinstudium in Frankfurt/Main abschließt. Er geht zuerst den Weg über die Städtischen Kliniken Darmstadt und über die Strahlentherapie. Noch intensiver wird dann die Zeit unter Lissner ab 1975. Bis 1981 geht es Schlag auf Schlag: Von der Strahlentherapie zur Diagnostischen und Interventionellen Radiologie rüber zur Nuklearmedizin. Dann hat er den Facharzt für Radiologie in der Tasche.
Es gibt viel zu lernen in jener Zeit. Wichtig für ihn ist, falsche Vorstellungen von der Strahlentherapie aus der Welt zu schaffen: „Nicht nur für mich selbst und für meine Patienten, sondern generell für Kritiker dieser Therapie. Ich wollte zeigen, was Strahlen alles bewirken können: Heilung, Schmerzbeseitigung, Erleichterung! Hahn will, dass die Menschen beim Wort Strahlen nicht sofort an Belastung oder Risiko denken. Intensiv und bewegend ist es für ihn, als er als junger Radiologe onkologischen Patienten ihre schweren, unerträglichen Schmerzen – vielleicht nicht auf Dauer nehmen – aber doch lindern kann. „Diese dankbaren, erleichterten Gesichter werde ich nie vergessen“, sagt er heute.
Damals schwankt er. „Soll ich in der Therapie bleiben?“ fragt er sich während seiner Facharztweiterbildung. Befriedigend war diese Zeit in jedem Fall, aber es locken jetzt auch die neuen Entwicklungen: CT, MRT. 1976 ist er einer der ersten, der an einem Ganzkörper-CT-Gerät Diagnostik betreiben kann. 1984, jetzt schon Oberarzt der Abteilung für Computertomographie, übernimmt er zusätzlich die Abteilung für MR-Tomographie und arbeitet an einem der ersten Ganzkörper-MR-Geräte. CT und MR sollen in Zukunft seine Steckenpferde werden.
Und wie ist er Chef geworden? 1984 wird Hahn in null Komma nichts zum Leitenden Oberarzt gemacht. „Und 1986 brannte es in der Innenstadt, heißt: Man brauchte in München dringend einen neuen Leiter der Zentralen Röntgenabteilung der Poliklinik und der Radiologischen Poliklinik Innenstadt, und mein Chef hat mich damals einfach auf diesen Posten gesetzt. Anscheinend brachte ich die richtigen Fähigkeiten mit.“ Und die sind? „Langjährige, breite Erfahrung in der gesamten Radiologie, ein oder zwei gut definierte wissenschaftliche Schwerpunkte und ein klares Konzept. Und man muss Menschen führen und motivieren können.“ Kann man das lernen? „Teilweise schon. Man muss mit Menschen reden können, man muss bereit sein, auf sie einzugehen. Aber man muss auch mal hart sein, um sich durchzusetzen.“
Die Klinikleitung des Instituts für Röntgendiagnostik der Universität Würzburg übernimmt er 1992. Hahn, heute 67 Jahre, hat alles erreicht, was ein Radiologe erreichen kann. Deshalb ist nun Zeit für Entschleunigung. Vom Radiologenleben loslassen, das fällt ihm nicht schwer. „Es war eine gute Zeit, lehrreich, vor allem während meiner ersten Erfahrungen mit der Computertomographie und der MR-Tomographie in München und in den USA. Aber jetzt ist eine neue Zeit angebrochen.“ Klischees liegen ihm aber nicht. Er ist nicht der nette, Golf spielende alte Herr Professor von nebenan. „Golf hab ich nie gelernt. Musste ich zum Glück auch nicht lernen, um als Professor in Pension gehen zu können.“ Dafür reitet er, er hat seine ganze Familie mit dem Pferdevirus angesteckt. Im Winter zieht es ihn in die Berge, auf die Skier.
Auch wenn jetzt endlich genug Zeit für die Vierbeiner und den Schnee ist – Karriere gemacht zu haben, bereut er nicht, im Gegenteil. „Den Weg in die Medizin eingeschlagen zu haben, war genau die richtige Entscheidung. Meine Zeit habe ich gern geopfert“. Und das sei das Wichtige, was er den jungen Medizinern mit auf den Weg gibt: „Wenn man Arzt werden will, muss man helfen wollen. Man muss fleißig sein, bereit sein, ein Leben lang zu lernen und seine privaten Wünsche hinten anstellen. Nicht alles, was heute machbar ist, sollte auch gemacht werden. Sondern ich muss mich stets fragen: Wie kann ich die Lebensqualität meiner Patienten verbessern?“ Empathie ist das Zauberwort. Die hat Dietbert Hahn weit gebracht. Vom Wunsch Pfarrer zu werden hin zur Professorenschaft in der Radiologie. Zum Glück! Deshalb kann ihm die DRG heute die Ehrenmitgliedschaft verleihen.
Verleihung der Ehrenmitgliedschaft am Donnerstag, 29. Mai 2014, 9.40 Uhr während der Kongresseröffnung im Saal Peters des CCH
Highlight-Vortrag von Prof. Hahn: "Neue Möglichkeiten der funktionellen Bildgebung", Samstag, 31. Mai 2014, 10.00-10.30 Uhr, Saal Curie (im Rahmen der Veranstaltung Herz I-CT - Perfusion WS 403)
Zur Person | |
* 15.09.1947 | Neu-Isenburg |
Ausbildung | |
1966-1972 | Studium der Medizin an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt/Main |
Fachliche Tätigkeit | |
01.01.-30.06.1975 | Strahlentherapie, Städt. Kliniken Darmstadt Direktor Prof. Dr. C. Esser |
01.07.1975-31.12.1992 | Radiologische Klinik und Poliklinik Universität München, Direktor Prof. Dr. Dr. h. c. Josef Lissner |
01.07.1975-31.08.1976 | Strahlentherapie |
01.09.1976-31.03.1980 | Diagnostische und Interventionelle Radiologie |
01.04.1980-30.09.1981 | Nuklearmedizin |
21.12.1981 | Facharzt für Radiologie (Radiologische Diagnostik und Interventionelle Radiologie, Strahlentherapie, Nuklearmedizin) |
Seit 1976 | Wissenschaftliche Tätigkeit auf dem Gebiet der Computertomographie |
Seit 1978 | Wissenschaftliche Tätigkeit auf dem Gebiet der Interventionellen Radiologie |
Seit 1984 | Wissenschaftliche Tätigkeit auf dem Gebiet der Magnetresonanz-Tomographie |
1982-1987 | Leiter der Abteilung Computertomographie der Radiologischen Klinik und Poliklinik der Universität München im Klinikum Großhadern |
1984-1987 | Leiter der Abteilung für Magnetresonanz-Tomographie der Radiologischen Klinik und Poliklinik der Universität München im Klinikum Großhadern |
1984-1992 | Leitender Oberarzt der Radiologischen Klinik und Poliklinik der Universität München |
15.01.1986 | Ernennung zum Dr. med. habil. für das Fach Klinische Radiologie |
27.02.1986 | Verleihung der Venia legendi und Ernennung zum Privatdozenten |
01.11.1987 | Ernennung zum C 2 Universitätsprofessor |
01.04.1987-31.12.1992 | Leiter der Zentralen Röntgenabteilung der Poliklinik der Universität München und der Radiologischen Poliklinik Innenstadt |
01.10.1987-31.03.1990 | Leiter der Abteilung für Neuroradiologie der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie der Universität München, Direktor: Prof. Dr. H. Hippius |
01.12.1987-31.12.1992 | Leiter der Röntgenabteilung der I. Universitäts-Frauenklinik der Universität München, Direktor: Prof. Dr. G. Kindermann |
19.12.1992-31.03.2013 | Direktor des Instituts für Röntgendiagnostik der Universität Würzburg |
Ehrungen | |
1985 | Visiting Professor University of South Alabama |
2012 | Honorary Member European Society of Cardiac Radiology (ESCR), Barcelona |
2013 | Honorary Lecture 5. Deutsche Kardiodiagnostiktage, Leipzig |
2014 | Ehrenmitgliedschaft Deutsche Röntgengesellschaft e.V. |